Das Start-up Spindiag will bis August einen Corona-Schnelltest auf den Markt bringen. 6 Mio. Euro gibt es dafür vom Land Baden-Württemberg.

Das vom Hahn-Schickard-Institut für Mikroanalysesysteme in Freiburg gemeinsam mit dem aus dem Institut hervorgegangenen Start-up Spindiag GmbH konzipierte Testverfahren soll schon im August dieses Jahres auf den Markt kommen. Mit einem mobilen Gerät soll es innerhalb von 30 bis 40 Minuten verlässliche Analysen über eine Infizierung der getesteten Personen mit dem Coronavirus ermöglichen. Am 7. April hat es für dieses Projekt die Zusage einer Landesförderung in Höhe von 6 Mio. Euro gegeben. „Baden-Württemberg gilt als führende Innovationsregion in Europa und Land der Hidden Champions. Dieses Projekt ist ein hervorragendes Beispiel dafür. Die Kompetenz und Kreativität unserer Unternehmen und Forschungseinrichtungen kann auch angesichts globaler gesellschaftlicher Bedrohungen wie der Corona-Pandemie hochinnovative Lösungen hervorbringen, die eine wichtige Rolle bei der Eindämmung der Krankheit spielen können“, kommentiert Nicole Hoffmeister-Kraut, Wirtschaftsministerin von Baden-Württemberg.

Erfahrung bei Antibiotikaresistenz-Test als Basis für Entwicklung von Virus-Schnelltest
Gemeinsam mit dem Start-up Spindiag hatte Hahn-Schickard bereits zuvor ein vergleichbares Point-of-Care-Testsystem für den Nachweis antibiotikaresistenter bakterieller Erreger entwickelt. Auf Basis dieser vorliegenden Plattform wollen die Beteiligten nun innerhalb weniger Wochen den Schnelltest entwickeln und zur Anwendungsreife bringen. Das innovative Konzept überzeugt dabei vor allem mit der geringen Testdauer von 30-40 Minuten für zwei parallele Analysen und eines hochsensitiven, zweistufigen „nested PCR-Ansatzes“. Dabei werden zwei Stufen des gängigen Labor-Analysestandards „Polymerase-Kettenreaktion“ (polymerase chain reaction, PCR) in einem Testträger hintereinandergeschaltet. Dieses System ermöglicht Analysen mit einer Genauigkeit von über 95 Prozent.

Mit Speichelabstrich in 30 Minuten zum Ergebnis
Die hohe Sensitivität des Tests sorgt außerdem dafür, dass mit sehr wenig „Testmaterial“, wie etwa einem Speichelabstrich auf Wattestäbchen, sichere Testergebnisse erzielt werden können. Das System zeichnet sich vor allem durch die einfache und sichere Testdurchführung aus. Der Tupfer, mit dem der Nasen-oder Rachenabstrich vorgenommen wird, wird direkt in die Kartusche eingeführt. Es ist keine weitere Arbeit mit der Patientenprobe notwendig, sodass das Kontaminations- und Infektionsrisiko für das Personal minimiert wird. Dies macht die Benutzung weit über Kliniken und Arztpraxen hinaus möglich, beispielsweise in Apotheken, erste-Hilfe-Stationen, Betrieben und vielen anderen Vor-Ort-Stellen.

Mikrofluidik-Struktur erlaubt parallele Mehrfachtestung
Die von Professor Dr. Roland Zengerle und dem von ihm geleiteten Hahn-Schickard-Institut für Mikroanalysesysteme in Freiburg über einige Jahre entwickelte Mikrofluidik-Struktur erlaubt es nicht nur, schneller und mit höherer Präzision als mit anderen Produkten zu messen, diese Technologie erschließt auch eine zukünftige Multiplexfähigkeit des Systems in Bezug auf weitere Erreger. So können beispielsweise auch mutierte Corona-Viren parallel getestet werden. Als weiterer Vorteil des Verfahrens gilt, dass die Produktion der nur aus zwei Teilen bestehenden Analyseträger deutlich kostengünstiger ist als bei anderen Systemen, die auf Testkartuschen aus mehr Einzelteilen basieren. In Bezug auf die zu erwartenden Kosten ist das System von Hahn-Schickard und Spindiag auch im weltweiten Vergleich nach bisherigen Kenntnissen führend.

Bis August zur Marktreife
 „Die Corona-Pandemie stellt das deutsche Gesundheitswesen und die Gesundheitssysteme weltweit derzeit vor große Herausforderungen. Es ist davon auszugehen, dass auch weiterhin ein hoher Bedarf an SARS-CoV-2 Testverfahren bestehen wird, gerade auch direkt bei der Probenentnahme. Denn hier ist es wichtig, dass Mediziner unverzüglich Quarantäne anordnen und ggf. weitere Maßnahmen einleiten können. Wir freuen uns sehr, dass wir das Land Baden-Württemberg vom Potential und der Zukunftsfähigkeit unserer Plattform überzeugen konnten”, sagt Spindiag-Geschäftsführer Daniel Mark.

Die Spindiag GmbH wurde 2016 aus dem Hahn-Schickard Institut für Mikroanalysesysteme ausgegründet. Auf Basis der dort erforschten Mikrofluidik-Technologie entwickelt Spindiag eine nachhaltige Plattform zur Infektionsdiagnostik. Für 2020 war eigentlich die Markteinführung eines Antibiotikaresistenz-Schnelltests auf MRSA-Keime geplant. Im Juni 2019 hatte sich dafür die WBG Pflegeheime an einer Finanzierungsrunde in Höhe von 4 Mio. Euro beteiligt. Seit der Gründung sind insgesamt 8,6 Millionen Euro in die Firma geflossen. Nun soll die bisherige Arbeit dazu dienen, den Schnelltest auf Corona in wenigen Wochen zur Marktreife zu bringen.

Quelle: medtech-zwo