Gunzenhausen – Mehr als 70 Corona-Infektionen sind in Altmühlfranken derzeit bestätigt, daneben gibt es zahlreiche Verdachtsfälle und auch unerkannt Erkrankte, die symptomfrei sind und deshalb gar nicht wissen, dass sie andere anstecken können. Eine höchst problematische Situation, die nur durch möglichst zahlreiche Virentests gelöst werden könnte.

Aber: Solche Tests sind knapp, und wer doch einem unterzogen wird, muss, weil die Labore überlastet sind, viel zu lange auf sein Ergebnis warten. Abhilfe könnte hier ein Unternehmen aus Altmühlfranken schaffen, das zusammen mit Partnerfirmen an einem Schnelltest arbeitet – und diesen zeitnah auf den Markt bringen könnte.

Der Kunststoff-Spezialist RKT, der zur Treuchtlinger Alfmeier Group gehört, hätte dabei die Aufgabe, in seinem Hightech-Werk im oberpfälzischen Roding die für die Tests notwendigen Einwegtestträger in großer Stückzahl zu bauen. Die sehen aus wie eine halbe CD und werden mit dem Nasen-Rachen-Abstrich der Patienten bestückt. Danach wird die “CD” in das Diagnosegerät gesteckt – und eine halbe Stunde später steht das Ergebnis fest.

Markus Gebhardt, einer von drei geschäftsführenden Direktoren der Alfmeier Group, nennt gleich mehrere entscheidende Vorteile dieser Analysetechnik. Zum einen die Schnelligkeit: “Bisher müssen Sie die Proben mit einem Kurier ins Labor bringen, wo sie von geschultem Personal aufwendig aufbereitet werden müssen”, sagt Gebhardt. Selbst ohne einen Corona-bedingten Stau würde allein das zwei bis drei Tage dauern.

Zum anderen sei man mit dem vom Freiburger Start-Up Spindiag entwickelten Verfahren “nicht auf geschultes Personal angewiesen”. Es genügten, da das Testkit sicher versiegelt und der Analyseprozess vollständig automatisiert sei, angelernte Kräfte, sodass laut Gebhardt die Methode auch für “Betriebsärzte, Apotheken, den Einsatz im Eingangsbereich von Kliniken oder für Vereinsärzte von Proficlubs” interessant sei.

Eigentlich hatte Spindiag den Test für den Nachweis multiresistenter Bakterien, sogenannter “Krankenhauskeime”, entwickelt. Aber die Methode, die dabei zum Einsatz kommt, eignet sich auch bei viralen Infektionen – wie eben Corona.

Sie basiert auf dem allgemein anerkannten Prinzip der Polymerase-Kettenreaktion (PCR), einem künstlichen Verfahren zur Vervielfältigung von DNA. Praktische Anwendung findet die PCR etwa bei Vaterschaftstests, Untersuchungen des genetischen Fingerabdrucks oder zum Nachweis von Erkrankungen – genetische Krankheiten, aber eben auch Virusinfektionen. Je nachdem, mit welchen Substanzen die von RKT gefertigten Test-Kartuschen gefüllt werden, ist der Test für das Aufspüren von Bakterien oder Viren verwendbar, auch eine Anwendung in der Onkologie sei möglich, sagt Gebhardt.

Kontakt mit Politik aufgenommen

Die Machbarkeit eines geeigneten Tests auf Corona-Viren könnte “in zwei Monaten gezeigt werden”, heißt es bei Alfmeier. Und weiter: “Für die anschließende Zulassung und den Aufbau einer Produktion auf Basis der bereits heute bestehenden Produktionslinie veranschlagen wir weitere drei Monate. Daher könnte Ende des Jahres 2020 ein Schnelltest in einer Stückzahl von 1,5 Millionen Tests pro Jahr zur Verfügung stehen.” Und natürlich sei auch innerhalb weniger Monate ein Ausbau der Kapazitäten möglich.

Mit der regionalen Politik hat Markus Gebhardt nach eigenem Bekunden bereits Kontakt aufgenommen, wobei es ihm nicht nur um Förderungen, sondern auch um “eine gesundheitspolitische Diskussion” geht. Dabei müsse darüber gesprochen werden, wie etwa ein Flächenstaat wie Bayern im Ernstfall künftig mit dezentralen Checkpunkten ausgestattet werden soll: “Das fordert auch die Bevölkerung ein”, ist sich Gebhardt sicher.

Zudem fordert er ein Nachdenken über eine “nationale Versorgungsstrategie”, also über die Frage: “Wie autark sind wir auf diesem Gebiet?” Auch in den USA werden demnächst wohl Corona-Schnelltests auf den Markt kommen, prognostiziert Gebhardt, seiner Ansicht nach “muss klar sein, dass wir in Deutschland auf ein eigenes System setzen”. Nicht abhängig zu sein von Zulieferern aus dem Ausland, Schutz der besonders wichtigen nationalen Infrastrukturen, lauten die zuletzt schon immer wieder diskutierten Stichworte. “Da erwarte ich mir Direktiven von der Politik”, sagt Markus Gebhardt. “Das Thema muss nach vorn.”

Quelle: Jürgen Eisenbrand, Nordbayern.de